

Hamas-Zivilschutz: Dutzende Tote nach israelischen Angriffen im Gazastreifen
Der palästinensische Zivilschutz im Gazastreifen hat Israel mehrere Angriffe mit Dutzenden Todesopfern vorgeworfen. Die Hamas-Behörde meldete am Mittwoch mindestens fünf Angriffe an verschiedenen Orten des Palästinensergebiets, unter den Getöteten seien mehrere Kinder. UN-Experten riefen die Staatengemeinschaft angesichts der drohenden "Auslöschung der palästinensischen Bevölkerung" zum Handeln auf. Der palästinensische Regierungschef Mohammed Mustafa warf Israel vor, mit der humanitären Blockade absichtlich eine Hungersnot im Gazastreifen auslösen zu wollen.
Der Zivilschutz-Sprecher im Gazastreifen, Mahmud Bassal, erklärte, bei einem israelischen Luftangriff auf die Stadt Gaza seien am Mittwoch mindestens 33 Menschen getötet worden. Mehr als 80 weitere Menschen seien verletzt worden. Die Hälfte der Opfer des Luftangriffs im Viertel al-Rimal seien Kinder und Frauen. Mit 33 Toten ist der Angriff einer der verheerendsten seitdem die israelische Armee ihre massiven Angriffe auf den Gazastreifen Mitte März wieder aufgenommen hat.
Östlich der Stadt Gaza meldete die Zivilschutzbehörde einen israelischen Angriff auf ein Schulgebäude in Tuffah, in dem demnach Vertriebene untergebracht waren. Die Rettungskräfte bargen 15 Tote und zehn Verletzte, wie Bassal der Nachrichtenagentur AFP mitteilte.
Zudem habe die israelische Armee ein Wohnhaus in Chan Junis im Süden des Gazastreifens angegriffen und dabei acht Mitglieder einer Familie getötet, darunter sei mindestens ein Kind. Zwölf weitere Menschen seien verletzt worden. Bei einem weiteren Angriff auf ein Haus im Flüchtlingslager Dschabalia im Norden des Palästinensergebiets wurden laut Bassal drei Menschen getötet und acht weitere verletzt.
Die israelische Armee nahm zu all diesen Vorwürfen zunächst keine Stellung.
Am frühen Morgen hatte der Hamas-Zivilschutz zudem mehrere israelische Angriffe auf Schulgebäude mit Vertriebenen in der Flüchtlingssiedlung Bureidsch im Zentrum des Gazastreifens gemeldet. Dabei seien 31 Menschen getötet und Dutzende weitere verletzt worden, sagte der Zivilschutz-Sprecher Ahmad Radwan.
Die israelische Armee erklärte, sie habe eine "Kontroll- und Kommandozentrale" im Zentrum des Gazastreifens attackiert.
UN-Experten warnten angesichts des israelischen Vorgehens im Gazastreifen vor der "Auslöschung der palästinensischen Bevölkerung". Die Staaten ständen an einem "moralischen Wendepunkt": Entweder die Regierungen blieben "passiv und schauen zu, wie Unschuldige abgeschlachtet werden oder sie beteiligen sich an der Erstellung einer gerechten Resolution", erklärten sie. Die Experten sind vom UN-Menschenrechtsrat beauftragt, sprechen aber nicht für die Vereinten Nationen.
Seit Beginn des Gazakrieges im Oktober 2023 wurden nach Angaben der palästinensischen Gesundheitsbehörden über 52.000 Menschen getötet.
Die Stellungnahme zeige, wie "parteiisch und irrelevant" der Menschenrechtsrat geworden sei, erklärte die israelische UN-Mission in Genf im Onlinedienst X. Die Mission kritisierte insbesondere die UN-Sonderberichterstatterin für die Palästinensergebiete, Francesca Albanesa, der in der Vergangenheit Antisemitismus vorgeworfen worden war.
Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, rief Israel dazu auf, die seit dem 2. März andauernde humanitäre Blockade des Gazastreifens aufzuheben. Er verurteilte zudem die israelischen Pläne zur "Eroberung" Gazastreifens. "Wir sehen immer nur mehr Zerstörung, mehr Hass, mehr Entmenschlichung", sagte Türk im Interview mit der Nachrichtenagentur AFP. "Der Krieg muss aufhören, es braucht eine Waffenruhe, es braucht eine politische Lösung, alle Geiseln müssen sofort und ohne Bedingungen freigelassen werden."
Das israelische Sicherheitskabinett hatte in der Nacht zum Montag einen Plan verabschiedet, der nach Angaben aus Regierungskreisen eine "Eroberung" des Gazastreifens und eine dauerhafte Besetzung vorsieht. Mitte März hatte Israel nach einer knapp zweimonatigen Waffenruhe seine massiven Luftangriffe auf Hamas-Ziele im Gazastreifen wieder aufgenommen.
Die Hamas, die am Dienstag noch erklärt hatte, es habe angesichts des israelischen "Hunger- und Vernichtungskriegs" keinen Sinn mehr, über eine Waffenruhe zu verhandeln, schien am Mittwoch wieder zurückzurudern. Die radikalislamische Palästinenserorganisation bestehe auf einer "umfassenden Vereinbarung" und "einem Plan für den Tag danach", sagte Hamas-Politbüromitglied Bassem Naim der AFP.
Aus israelischen Sicherheitskreisen hatte es geheißen, angesichts des bevorstehenden Reise von US-Präsident Donald Trump in die Golfregion gebe es möglicherweise ein "Zeitfenster" für eine Einigung zur Freilassung der in Hamas-Gefangenschaft verbliebenen israelischen Geiseln. Naim nannte dies "verzweifelte Bemühungen". Die Hamas bestehe auf Garantien zur Beendigung des Krieges.
Indes warf der palästinensische Regierungschef Mohammed Mustafa Israel vor, mit der humanitären Blockade absichtlich eine Hungersnot im Gazastreifen herbeizuführen. Der sich in dem Palästinensergebiet ausbreitende Hunger sei "keine Naturkatastrophe", sondern ein "vorsätzliches humanitäres Verbrechen" der israelischen Besatzer, sagte Mustafa am Mittwoch bei einer Konferenz in Ramallah im Westjordanland.
Spaniens Regierungschef Pedro Sánchez kündigte vor dem Parlament in Madrid an, sein Land werde einen Resolutionsentwurf bei der UN-Vollversammlung einzubringen, der dringend benötigte Vorschläge enthalten soll, um "das Töten unschuldiger Zivilisten zu beenden und humanitäre Hilfe sicherzustellen". Spanien hat wie auch Irland, Norwegen und Slowenien einen palästinensischen Staat anerkannt.
Den Gaza-Krieg hatten die Hamas und andere islamistische Milizen am 7. Oktober 2023 mit ihrem Großangriff auf Israel ausgelöst. Dabei wurden mehr als 1200 Menschen getötet und zahlreiche Geiseln in den Gazastreifen verschleppt.
L.Fischer--BP